Filmbeschreibung


Ein Stück Höchster Tradition
Ein Film von Klaus Schneider

Der Film beginnt mit einer Reihe von herrlichen Aufnahmen in der Höchster Altstadt, aus verschiedenen Blickwinkeln und mit den vielen malerischen Details, die es dort zu sehen gibt. Man muß sie eben nur sehen. Insofern ist diese Fotoschau der historischen Altbauten eine gelungene Hinführung zum Thema, auch für den, der diese Gebäude kennt. Allerdings weiß der neugierige Zuschauer zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wohin die Reise eigentlich geht. Klaus Schneider versteht es, durch sehr gute Kommentare zur Höchster Geschichte zunächst die Aufmerksamkeit auf die Stadt zu lenken, die mal ursprünglich Mainz angehörte und erst später zu Frankfurt kam.
Von der Altstadt geht es zur Jahrhunderthalle, ziemlich unvermittelt. Dort gibt es jetzt statt architektonischer Kostbarkeiten Schiffe zu sehen, Modellschiffe in erklecklicher Zahl und verschiedenen Bootstypen. Grund hierfür ist eine Veranstaltung, die vom Höchster Modellbauverein ausgeschrieben war und recht zahlreichen Anklang fand bei gleichgesinnten Bootsbauern und interessierten Laien. Man bekam ziemlich viel zu sehen von diesen herrlichen Modellen, wie sie an Land stehen und sich auch im Wasser bewegen, elegant. Dem schaut man halt immer wieder gern zu.
Erst jetzt kommt der entscheidende Hinweis auf ein Schiffsmodell, das den Blick öffnet für des Rätsels Lösung: die alte Höchster Fähre, ein Stück Höchster Tradition.
An diesem Modell, das in jahrelanger Klein- und Kleinstarbeit mit viel Akribie und Detailwissen maßstabsgetreu dem Original nachgebaut worden war, erklärt uns der Autor zusammen mit dem Modellbauer die technischen Besonderheiten und Funktionen des großen Bruders, eben der alten Fähre mit seinen Steuereinrichtungen, dem Ruder, dem Gierseil, an dem es sich gewissermaßen gegen den Strom festhielt und dem begleitenden Nachen, der für die Stabilität des Fährbetriebs notwendig war. Fährbetrieb, so erfuhren wir, gab es an dieser Stelle bereits im 16. Jahrhundert. Und wir erfuhren auch eine andere Kuriosität. Dieses Schiff, die Höchster Fähre, wurde gegen Ende des letzten Krieges auf listige Weise dem Zugriff der Besatzungstruppen entzogen. Kapitän Schmitt, jahrelang Fährmann auf diesem Boot, versenkte es einfach in der Niddamündung.
Nach dem Krieg wurde es wieder fahrbar gemacht, aber irgendwie entsprach diese Fähre dann wohl nicht mehr den neuesten gültigen Vorschriften, und auch Autos durften wohl nicht mehr über den Main geschippert werden. So mußte eben eine neue her. Diese wurde in einem feierlichen Festakt vom damaligen OB von Schoeler in Betrieb genommen und auf den Namen Walter Kolb getauft. Ein Stapellauf mit geladenen Gästen fand auch statt. Aber ein Gierseil mit dem begleitenden Nachen war jetzt nicht mehr erforderlich.
Irgendwie hat man den Eindruck, daß Klaus Schneider mit der neuen Fähre nicht so zurecht kommt wie mit der alten, die einfach nur Höchster Fähre hieß und nicht Walter Kolb, dafür aber viel mehr nostalgischen Flair besaß. Das drückt sich auch im Schlußbild aus: man sieht den Strom im Nebel, hinter dem die Sonne mehr zu ahnen ist als zu erkennen. Wunderbare Aufnahme. Überhaupt ist der Film meisterlich geschnitten, aufgebaut und kommentiert und hat deswegen nicht zu Unrecht eine so hohe Bewertung erhalten.


Bewertung: 4,02


Raimund Wildenhof