Filmbeschreibung


Spritztour
Ein Film von Rüdiger Schmidt

Der Film beginnt interessant. Schon der Vorspann ist ungewöhnlich gut. Danach wird langsam aus unscharfen Farbeinstellungen ein Hubschrauber sichtbar. Er wird startklar gemacht, auch Weinberge sind zu erkennen. Damit ist es dann für jeden deutlich, um was für eine Spritztour es sich heute und hier handelt. Und dann geht’s schon los mit dem Fliegen über die Weinberge an den Hängen der Mosel. Rüdiger zeigt uns herrliche und spannende Flugaufnahmen. Der Hubschrauber kreist dicht über dem Boden, mal ist er von oben zu sehen, dann von der Seite oder von unten, mal erlebt man den Flug aus dem Cockpit und beobachtet dabei den Piloten, wie er mit Händen und Füßen am Steuerknüppel und den Pedalen „rührt“. Dann sieht man den kleinen Hopser wieder von außen, wie er eine Kurve nach der anderen dreht und dicht über den Weinstöcken aus zwei seitlich ausgebrachten langen Armen eine Menge Flüssigkeit verspritzt.. Es sieht recht abenteuerlich aus. Er hangelt sich förmlich an den Weinbergen entlang und scheint fast den Boden zu berühren. Zum Glück geschieht das nicht. Und dazu dann die Fontänen von Pflanzenschutzmitteln, sicher nicht ganz ungiftig, die aus den Düsen herauskommen. Jeder weiß, das ist kein Wein, der sich über die Pflanzen ergießt. Jeder weiß auch; daß diese Spritztour notwendig ist, um später gesunde Weinreben ernten zu können. Und immer noch fliegt diese Hummel, macht Kurven nach rechts und nach links und paßt sich der Schräglage der Hänge fast genau an. Eine Meisterleistung des Piloten, für den das wohl eine völlig normale Angelegenheit ist, im Gegensatz zu uns, den Zuschauern. Dann eine Landung auf einem Feldweg in den Weinbergen, kurzes Auftanken von Sprit und Spritzflüssigkeit, und schon geht’s wieder los: auf und ab, nach oben und unten, nach rechts und links und immer wieder eng um Felsecken und Steinhügel herum. Dicht über den Pflanzen. Nach 7 Minuten Filmdauer erneute Landung, zufriedenes Lächeln des Piloten und Einpacken des Hubschraubers. Das war’s dann wohl. Erhalten bleibt der Eindruck, daß dies nicht die letzte Spritztour war, die nächste kommt bestimmt.
Rüdiger hat diesen Fim dynamisch und spannend geschnitten: Tolle Flugaufnahmen und enorm schnelle Schnittfolgen bringen Tempo und Abwechslung in die herrlichen Großaufnahmen, Halbtotalen und Totalen, die aus ständig wechselnden Kamerastandpunkten auf der Leinwand erscheinen. Man fliegt die Manöver in den engen Weinbergen und knapp über den Pflanzen förmlich mit. Als Gegenstück dazu der Ton, der anfangs nur aus den Fluggeräuschen besteht. Später kommt dann eine Musikuntermalung hinzu, rhythmisch dem Tempo angepaßt. Das ist alles. Kein Kommentar.
Dies war auch das einzige, was bei der Besprechung moniert wurde. Man habe sich verlassen gefühlt. Gemessen an der Bewertung müssen das etliche von uns gewesen sein. Diese Meinung kann ich nicht teilen. Ich habe einen Kommentar nicht vermißt, er hätte vielleicht sogar in diesem Film gestört. Muß eigentlich immer ein Kommentar dabeisein, zumal hier, wo es eigentlich nicht viel zu sagen gibt, was der Beobachter nicht schon von selbst weiß. Was hätte Rüdiger uns sagen sollen: daß die Flüssigkeit Gift ist? Wie sie heißt? Welche Schädlinge bekämpft werden? Daß diese Spritztouren notwendig und wohl auch nicht billig sind? Daß wir an der Mosel waren und nicht an Nahe oder Rhein? Warum kann man diesen Film mit seinen ständig rotierenden Bewegungen, die ja wie Musik sind, nicht einfach auf sich wirken lassen - ohne Worte, die nichts wesentlich Neues bringen. Es sei denn, man hält einen Lehrvortrag über Spritztouren im allgemeinen und im besonderen und was es dabei zu beachten gilt! Aber das war ja nicht das Anliegen dieses Streifens. 
Für mich ist dieser Film gelungen: ein tanzender Hubschrauber mit tollen Flugbewegungen und rieselndem Wasser - zu rieselnder und rhythmischer Musik. Eine runde Sache, zu der auch der O-Ton im ersten Teil mit seinen singenden Rotorengeräuschen, - mal laut mal leise - durchaus paßte. Er hätte deswegen auch eine bessere Bewertung verdient.


Bewertung 3,28


Raimund Wildenhof