Filmbeschreibung


Rastvögel in der Rügen-Bock-Region
von Klaus Schneider


Um es gleich vorweg zu sagen: Klaus hat uns mit diesem Streifen wieder einmal einen herrlichen Naturfilm offeriert, der sich lohnt, auch vor einem großen Publikum gezeigt zu werden. Die Rastvögel bilden zwar die Hauptattraktion, aber drum herum gibt es dann noch vieles andere zu sehen. So werden wir am Anfang über Meeresbilder (Uferwellen, Schiffe - Seevögel) und die Hansestadt Stralsund zur neuen Brücke über den Sund geführt, die das Festland mit der Insel verbindet. Und schon sind wir auf Rügen. Was jetzt folgt, ist ein Zauberwerk aus einzigartigen Naturaufnahmen, geschickt vermischt mit Folklore (der „Rasende Roland“), Landschaftsaufnahmen und solchen von Kulturbauten (Schlössern und Kirchen) bis hin zum Naturschutzgebiet in der Boddem-Region.

Der Zuschauer freut sich über ein Mosaik aus Bildern von farbenfrohen Blumen, Wiesen, Wäldern, Vögeln, Bienen und Schmetterlingen, alles in zügiger Reihenfolge, abwechslungsreich, bunt, Großformat, fehlerfrei geschnitten: Felder von Buschwindröschen und anderen Frühlingsblumen, Buntspechte und Schwarzspechte, die ihre Jungen in der Bruthöhle füttern, Buchfinken und Singdrosseln mit ihrem Gesang, und - was mich farbig besonders ansprach – knallrote Mohnfelder, blaue Kornblumen und gelber Raps. An Weideflächen mit Damwild, Pferdekoppeln, der alten St. Jacobikirche aus dem 16. Jahrhundert und dem Anfang der Deutschen Alleenstraße vorbei. kommt man zum eigentlichen Ort des Filmgeschehens, zu den Boddemgewässern mit seinen vorgelagerten kleinen Inseln, den schilfbewachsenen Ufern, Möwen und Uferschwalben..

Und jetzt sieht man auch die großen Schwärme von Zugvögeln in ihren Formationen und auch einzelnen, wie sie fliegen und fliegen und landen: Weißwangengänse, Ringelgänse, Blessgänse, Goldregenpfeifer, Kiebitze - und natürlich dann die Kraniche. Manche Arten landen und starten im Wasser, andere auf den abgeernteten Feldern. Hier tun sich besonders die Kraniche hervor. Und wenn’s da nichts mehr zu picken gibt, fliegen sie auf die neu eingesäten Äcker und picken dort die Samenkörner heraus. Um diesem Übel abzuhelfen, verstreuen die Bauern abends auf die abgeernteten Äcker säckeweise Mais, die Lieblingsspeise der Kraniche. Zu dieser Zeit sind nämlich die großen Vögel bereits zu ihren Schlafplätzen geflogen. Die befinden sich im flachen Wasser, die Vögel stehen darin und fühlen sich so vor ihren Feinden sicherer. Morgens geht’s dann von dort wieder k zu den Futterplätzen – und abends wieder zurück. Tagelang. Dadurch können die Vögel genügend Nahrung aufnehmen r die bevorstehende lange Reise. Dadurch erklären sich die von Klaus meisterlich gefilmten Massenstarts und Massenlandungen vor jeweils Morgen- oder Abendstimmungsbildern. Zwischendurch gibt es auch filmische Stories zu sehen: eine anschleichende Katze sorgt für zunächst Einzel-, dann jedoch Massenflucht der Kraniche. Ähnlich endet der Streifengang eines Fuchses (tolle Nahaufnahmen) oder das plumpe Näherkommen einer auffallend in rot gekleideten Touristin. In diesem Naturschutzgebiet am Boddem gibt es übrigens auch Parkwächter, die dafür sorgen, dass man nur von den vorgesehenen Aussichtsplattformen und –stellen die Vögel beobachtet, sowie Ornithologen aus verschiedenen Ländern, die ihre wissenschaftlichen Arbeiten durchführen. In einem Kranichinformationszentrum können Interessierte ihr Wissen über das Leben der stolzen Vögel per Videos erweitern. Nach dem Abflug all dieser Vögel, wobei teilweise bis zu 500 Exemplare gleichzeitig starten, wird es still in diesem Gebiet. Der Winter kehrt ein, Spinnennetze im Taureif und stimmungsvolle Schneebilder an Ästen und Bäumen bilden den Abschluß.

Der Film lebt vom Anfang bis zum Ende von den meisterlichen Aufnahmen der Vögel im Flug und am Boden, der Vielfalt der Natur im Landschafts-, Pflanzen- und Tierbereich, und das im Laufe eines Jahres vom Frühling bis zum Winter. Wie bei den echten Profis ist auch dieser Film nicht in nur einer Saison gedreht worden. Aber Klaus hat die einzelnen Szenen mit abwechslunsreichen Schnitten, interessanten Kameraeinstellungen und den herrlichen Großaufnahmen so zusammengestellt, dass ein einheitliches Ganzes entstanden ist. Hinzu kommt der Kommentar, sehr informativ und gleichzeitig sparsam, überzeugend und glaubwürdig gesprochen sowie eine dezente Musik, die sich nicht aufdrängt, sondern im wahrsten Sinne des Wortes die einzelnen Szenen untermalt. Für mich ist dieser Naturfilm ein Meisterwerk. Das einzige, was man verbessern könnte, ist der Titel. Aber den hat man ja sowieso gleich nach den ersten wunderschönen Bildern vergessen und genießt dann nur noch diese herrliche Filmwelt.



Bewertung: 4,181



Raimund Wildenhof