Filmbeschreibung


MANDALAY - Leben in Tradition und Armut
ein Film von Horst Jastrow

Aus 29 Minuten mach 14, und schon haben wir das, was uns Horst Jastrow heute offerierte: einen neuen Film über das gleiche Thema. Die längere Fassung war zu Beginn des Jahres schon einmal gezeigt und von Jupp Dworschak kommentiert worden. Damals erhielt der Film die Bewertung 3,929. Heute wurden es 4,047, eine Verbesserung also. Die Verkürzung und damit gleichzeitig das Weglassen etlicher Szenen hat offensichtlich dem Film gut getan, wenn auch der Autor vielleicht ein wenig gelitten hat, sich von vielen schönen Szenen einfach trennen zu müssen. Aber wie gesagt, das war von Vorteil und stellt jetzt den Kontrast in dieser alten Kaiserstadt noch stärker heraus, frei von Reiseszenen, wie sie halt in Urlaubsfilmen üblich sind.

Ohne jetzt den Streifen noch einmal in seiner Szenenfolge ausführlich zu beschreiben, soll doch festgehalten werden, was wir zu sehen bekamen: den zu großen Teilen wieder prunkvoll aufgebauten alten Kaiserpalast der Kaiser von Birma (oder Burma oder Myanmar), die sicher auf eine nicht alltägliche Regierungstätigkeit schließen lassen. Wer lässt sich schon in seinem riesigen Palast mit hohen Mauern und vielen eigenen Frauen einen runden Turm bauen, um von dort aus seine normalen Untertanen beobachten zu können, weil man sich einfach aus diesem Territorium nicht raus traut?! Dann war da noch der Mahamuni-Tempel mit der wichtigsten Buddhastatue der Birmanen, zu dessen Interieur nur Männer Zugang hatten. Alles in glänzendem Gold und prunkvoller Ausstattung, ebenso wie im Kaiserpalast. Das Handwerkerviertel als Gegensatz dazu zeigte uns Steinmetze bei ihrer staubigen Arbeit und Goldplättchenklopfer, die sich auch mal zwischendurch von ihrer anstrengenden Beschäftigung mit einem Wasserguß erholen mussten. Bronzegießer, Schnitzer und Brokatsticker durften nicht fehlen. Herrliche Großaufnahmen von dieser tätigen Bevölkerung, die wohl nicht reich werden kann bei einem Tageslohn von ca. 1 US$ und 10 bis 12 Stunden täglicher Arbeitszeit. Etwas sozialer wirkte das von Mönchen betriebene Altenwohnheim. Bei der Entsorgung von Hausmüll scheint es Probleme zu geben. Man lässt ihn einfach bergeweise an der Straße liegen. Noch stärker zu der goldenen Pracht der Tempel, Pagoden und des Kaiserpalastes wirkt der schmutzige Fluß Irabani, auf und an dem die Armen und Obdachlosen vegetieren müssen. Teilweise auf Hausbooten, das sind dann schon die Bessergestellten, aber auch sehr viele in Zelten am Ufer oder einfach unter freiem Himmel auf einer primitiven Schlafstätte. Die braune Brühe des Flusses dient den Ärmsten dort als Toilette, Waschbecken und Trinkwasser, die sich trotz ihrer Armut Goldplättchen kaufen und an Statuen und diverse Buddhas hängen, um bessere Chancen bei ihrer Wiedergeburt zu bekommen. 

Dies alles hat uns Horst in seinem Film eindrucksvoll und farbenprächtig gezeigt. Die Großaufnahmen bestechen, der Kontrast zwischen arm und reich wird deutlich, die Schnitte in rasanter Reihenfolge, trotzdem bekommt man mit, was das alles auf sich hat. Der sehr informative Kommentar erklärt die Szenenfolge, wenn er auch manchmal zu unterschiedlich in Ton und Ausdruck rüberkommt, was auf die Kürzung des Films zurückzuführen ist. Ein beeindruckender Film, in dem Tradition und Armut (Tradition in Armut?!) sichtbar werden. Die Geschichte mit den Goldplättchen als Hoffnung der Armen verbindet beides.


Bewertung: 4,047


Raimund Wildenhof