Filmbeschreibung


Die Terracottaarmee in Xi’an
ein Film von Artur Westenberger


Feuerrot beginnt der Film: Krieger tanzen in einem chinesischen Zirkus mit Drohgebärden zu entsprechend martialischer Musik. Das passt zum Thema. Dazu passen auch die beiden gewaltigen Löwen, die einen Tempeleingang bewachen. Die folgenden Stimmungsbilder von China mit schönen Häusern, Blumen und Gärten dienen zwar der Hinführung zum Thema. Ich meine aber, die hätte man weglassen können. Dieser Film ist ein Teil der Chinareise des Autors, den er „unterwegs in China“ genannt hat. Jedoch hat auch dieser Streifen wie z.B. „Shanghai“ einen durchaus selbständigen Charakter und ist nicht auf den Reisezusammenhang mit anderen Sehenswürdigkeiten in China angewiesen.

Aber nun geht es los mit den Terrakottasoldaten in Gefechtsaufstellung. Artur hat es wunderbar fertiggebracht, uns die ganze Geschichte plausibel und interessant zu erklären: Daß diese Skulpturen vor ca. 2000 Jahren in ca. 35-jähriger Bauzeit von ca. 70.000 Arbeitern errichtet worden sind, und daß nicht nur diese, sondern auch noch Teile der Kaiserstadt Xi’an selbst gebaut wurden. Sklaven waren es wohl, auf jeden Fall unterdrückte Bürger, die vom ersten Kaiser Chinas und Gründer der Qin-Dynastie, Qin genannt, zu dieser Arbeit gezwungen worden waren. Schon als junger Mann hatte er begonnen, etwas außerhalb der Stadt ein Mausoleum für sich bauen zu lassen. Kampfbereite Krieger in Reih und Glied, mit Wagen, Pferden und allerlei Waffen wurden drum herum aufgestellt, um die künftige Grabstätte zu bewachen. Bunt angemalt waren sie damals, die Soldaten, nicht so eintönig gelb wie heute. Die Farben verloren sich nach den Ausgrabungen. Aber die ganze Bewachungsarmee hat wohl nichts genutzt; denn ca. 500 Jahre später wurde ein Großteil dieser Terracottagestalten und anderer Kunstwerke von Aufständischen gewaltsam zerstört und Waffen und Schmuck geklaut. Soldaten ohne Köpfe und jede Menge Tonscherben geben heute noch Zeugnis davon. Das alles erzählt uns Artur im Film, locker und verständlich. Da diese Grabstätte des ersten chinesischen Kaisers und seiner ihn umgebenden Lehmsoldaten zufällig erst 1974 entdeckt wurde, gilt dieser Fund heute als das größte archäologische Ereignis des letzten Jahrhunderts. Kein Wunder, daß jetzt Tausende von Touristen dorthin reisen.

7000 bis 8000 Soldaten hat man bisher ausgegraben. Noch weitere 5000 werden im Erdreich vermutet. Über diese Ausgrabungen wurde ein riesiges Dach gebaut zur Vermeidung von Witterungsschäden. So erscheint das Ganze heute wie ein großes Museum. Kopien von zwei Bronzewagen, einen für den Kaiser und den zweiten als Geleitschutz, jeweils mit Vierergespann, lassen erahnen, in welcher Pracht und Ausdrucksstärke das alles seinerzeit gefertigt worden war. 8 verschiedene Kopftypen unter den Soldaten hat man identifiziert, Unterschiede in Gestalt und Ausdruck zeigen sich auch bei den Pferden. Das alles erläutert uns Artur in eindrucksvollen Großaufnahmen und in Halb- und Ganztotalen. So bekommt der Zuschauer einen guten Überblick über die ganze Anlage. Zur Auflockerung sieht man immer wieder Zuschauer, die an den Sehenswürdigkeiten vorbeilaufen, wie halt in jedem Museum. Dadurch wirkt diese so streng aufgestellte Soldatentruppe nicht so, als hätte man nur in Dias-Manier gefilmt. Man kann unserem Autor gern bestätigen, daß er sein Handwerk versteht: Aufnahmetechnik, Schnitte und Szenenfolge sind gut, und der Bezug zum persönlich Erlebten ist auch da. Deine Reise nach China, Artur, hat sich gelohnt. Das hast Du uns bis jetzt schon in zwei schönen Filmen gezeigt. Man darf auf weitere dieser Art gespannt sein.


Bewertung: 3,760


Raimund Wildenhof