Filmbeschreibung


Glockenbeiern
von Roland Schmidt

Glockenbeiern: Was haben Glocken mit Bayern zu tun? Das ist die naheliegende Frage bis man diesen 8-minütigen Film gesehen hat. Das Wort beiern, so lernen wir in diesem Streifen, kommt von dem holländischen Wort "Bejarde" und bedeutet Anschlagen. Mit dem Klöppel angeschlagen werden dabei die Glocken wie bei einem Glockenspiel. Der Glockensachverständige der Diözese Mainz, Günther Schneider, läßt in Kelsterbach am Tag der offenen Kirchen die Glocken der Herz-Jesu-Kirche anschlagen und Roland Schmidt hat es gefilmt. Der Streifen zeigt zunächst das normale Glockengeläut der Kirche, um dann auf den Glockenspezialisten zu überblenden und ihn erklären zu lassen, woher der Brauch des Beierns kommt und wie die Glocken dafür vorbereitet werden. Roland Schmitt filmte es, wie die Glocken dazu mit Holzstangen arretiert werden,
um nicht ins Schwingen kommen zu können, wie die Klöppel mit Seilen so positioniert werden, dass ein kurzer Zug am Seil die Glocke anschlagen läßt. Der Glöckner hat für seine drei Gehilfen ein großes Notenblatt mit einer kleinen Notenfolge ans Gebälk geheftet und dann legen sie gemeinsam los, die vier Glöckner an den 5 Glocken. Es ist die Tonfolge f2, h1, d2, g1, h1, e1, g1, die einmal in ganzen Noten und das nächste Mal in jeweils 2 Halbnoten abgespielt wird. Mit jeder Wiederholung der Tonfolge wird der Vortrag flüssiger und die Gemeindemitglieder in der Kirche lauschen andächtig dem ungewohnten, schönen Klangereignis aus dem Kirchturm. 

Man könnte ihn umarmen, den Roland Schmidt, für sein filmerisches Engagement und den Aufwand, den er betreibt. Er schleppt Kamera, Stativ, Filmleuchte und Kabel hinauf auf den Kirchturm und nimmt alles in vielen Halbnah- und Nahaufnahmen auf. Seine Bildfolgen sind gekonnt abwechslungsreich und bringen alle Handlungsdetails auf den Punkt. Der Schnitt ist hervorragend. Der Ton ist gut ausgesteuert, bei den Erklärungen des Glockenbeauftragten, bei den ersten vorsichtigen Glockentönen. Alles ist bestens bis zu dem Zeitpunkt,
da die im Bild vordere Glöcknerin mit der g1-Glocke mit unnötig hohem Kraftaufwand am Seil zieht und jeweils das g1 auf Rolands Kamera übersteuern läßt. Hätte sie so gezogen wie zuvor beim Einrichten der Seile und der Aufnahmelautstärke, dann bliebe uns, den Filmzuschauern, die immer wiederkehrende Irritation im Ohr erspart. Die gute Nachricht am Ende der Geschichte ist jedoch: Man kann das mit modernen Computermitteln reparieren, was zu kraftvoll ziehende Glöcknerinnen verdorben haben. Und Roland hat eine etwas mühevolle Korrektur in Arbeit. Übrigens, die von den Glöcknern angeschlagene Tonfolge wird im Film zwanzigmal wiederholt. Sechs- bis achtmal davon könnte der Autor gut weglassen und damit seinen Film noch etwas straffen.


Bewertung: 3,607


Gerhard Steiner