Filmbeschreibung


Die FG auf Reisen: Leipzig (2008)
Ein Film von Joseph Dworschak

Der volle Filmtitel lautet eigentlich: Die Fotografische Gesellschaft Frankfurt auf Reisen 2008 in Leipzig. Spitzfindig wie wir sind, haben wir messerscharf geschlossen: das ist ein Auftragsfilm, stimmt’s? Und so sieht er auch aus. Das ist aber nicht negativ gemeint, nein, nur eben, man sieht in Leipzig außer vielen Gebäuden, Straßen und Häuserfronten immer wieder die gleichen Menschen und Gesichter, die mit Fototaschen und –apparaten bewaffnet einer burlesk wirkenden Stadtführerin an den Lippen hängen! Man will sich ja schließlich selbst im Film sehen außer der Tatsache natürlich, dass dieser Film eine lebendige Erinnerung an eine gelungene Reise darstellt. Und das hat Jupp gekonnt gemacht – wie eigentlich immer. Die Einführung hätte nicht besser sein können. Von der obersten Plattform der Leipziger Universität hat hat man den perfekten Rundblick nach allen vier Himmelsrichtungen. Und man kann die ungewöhnlich großen Ausmaße einzelner Gebäude erkennen: das Völkerschlachtdenkmal, übrigens das größte dieser Art in Europa, den Riesenbahnhof, der eigentlich zwei Bahnhöfe in sich vereinigt und notwendig wurde, weil zur Bauzeit andere politische Verhältnisse herrschten als heute, wo sich sächsische und andere Fürsten der Region noch nicht mochten und deswegen Züge nach Berlin nur von einem Teil abfahren durften, nach Dresden hingegen nur vom anderen!!! Und dann ist da noch das Riesenrathaus, das wohl auch zu klein wurde, einen beachtlichen Nebenbau erhielt und dann mit einer Brücke verbunden wurde. Man sage nur nicht, die Verwaltung sei erst in unserem Jahrhundert sprunghaft gewachsen. Leipzig als Messestadt, als Bewerberin für olympische Spiele mit einem gewaltigen Stadion und als Stadt mit einem großen Grüngürtel, so etwas sieht man eben nur, wenn man ein paar Meter über den Dingen steht. Und dann ging’s hinunter und hinein ins Stadtgetümmel. Es wäre müßig, all diese Ansichten, Teilansichten, Dekors und Straßenzeilen im einzelnen aufzuzeigen. Daß die Aufnahmen durchweg gut gelungen sind und abwechslungsreich geschnitten dazu, versteht sich von selbst und gilt auch für unseren Autor. Daß Leipzig eine interessante Stadt ist und sehenswert, das hat uns Jupp, wenn wir es nicht vorher schon wüssten, recht deutlich gezeigt. So sollen nur einige Gebäude an das erinnern, was historisch gesehen an Leipzig so einmalig ist: Die Nikolai-Kirche, bekannt durch die friedlichen Montagsdemonstrationen, was schließlich zur Deutschen Einheit führte, die Thomaskirche, an der Bach über 25 Jahre als Kantor und Organist wirkte und den Thomanerchor, der heute noch existiert, mit sehr vielen Noten versorgte, den Weinkeller „Auerbachs Keller“, verewigt in Goethe’s Faust. Vergessen wurde auch nicht, dass diese Stadt von Anfang an ein wichtiger Marktflecken war, an der Kreuzung von zwei im Mittelalter wichtigen Handelsstraßen gelegen, und dadurch frühzeitig als Handelsmetropole von großem wirtschaftlichen Einfluß. Zu sehen gibt es in einer so interessanten Stadt noch viel, aber auch Jupp scheint es am Schluß gereicht zu haben. Im Schnelldurchgang und mit Umblätterschablone präsentierte er zusätzliche Ansichten vom Gewandhaus, der Oper, von Museen und anderen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Das hat mir richtig gefallen.Kritisiert wurden seine Standbilder. Mich haben sie weniger gestört. Was will man machen, wenn man in einer Gruppe ständig nach vorn gezogen wird, und sowieso schon als Bremsklotz auffällt?! Dagegen habe ich einige Takte Thomanerchormusik vermißt und auch etwas von Johann Sebastian Bach. Seine Kommentare waren informativ und für Otto-Normal-Verbraucher ausreichend, die Einblendungen der Stadtführerin angemessen. Mehr durfte gar nicht sein. Die Qualität der Bilder unterschiedlich: verschwommen bis unklar von oben, von ganz toller Brillanz unten, das erklärt sich aus der Wetterlage und der neuen Kamera. Alles in allem: ein interessanter Film in und über eine interessante Stadt und eine Wissensbereicherung auch für Nichtteilnehmer an dieser Reise.


Bewertung: 3,828


Raimund Wildenhof