Filmbeschreibung


Zu den Hexen der Kurischen Nehrung
Ein Film von Horst Jastrow



Horst hat da etwas Spannung aufgebaut und uns ein bißchen zappeln lassen, bis wir die im Titel angekündigten Hexen endlich zu Gesicht bekamen.

In Klaipedia, der litauischen Hafenstadt an der Memelmündung, beginnt der Film. Horst und seine Frau zeigen uns von dieser Stadt den Berg der Kreuze, deren Ansammlung bereits im 14. Jahrhundert begonnen hat. Daß während der russischen Besatzungszeit die Kreuze teilweise vernichtet wurden, nimmt nicht weiter wunder. Sie waren ja auch so etwas wie ein Protest und eine Revolte gegen die Fremdherrschaft. Nun sind die Russen weg, und die Kreuze haben sich auf ca. 15000 Exemplare vermehrt. Kreuz und quer liegen und stecken sie wieder durch- und übereinander.

Im Fährhafen legt das Schiff ab und nimmt Kurs auf die Nehrung. Vom dortigen Hafenort Nida aus beginnt dann die Fahrt über die Landzunge mit den vielen Sehenswürdigkeiten. Nicht von ungefähr wurde sie zum Weltkulturerbe der UNESCO erhoben. Kerzengerade lange Straßen und Alleen, Kiefernwälder und dazwischen Dünen über Dünen, teilweise bis zu 60 Meter hoch. Sie wandern immer noch und haben sicher im Lauf der Jahrhunderte das eine oder andere Bauwerk unter sich begraben. Man versucht sie durch Bepflanzung in ihrem Bewegungsdrang zu bremsen, was wohl auch gelingt. Schöne Häuser, alte Kirchen und Friedhöfe mit originellen Grabmälern, teilweise in deutscher Sprache, gibt es dort auf der Kurischen Nehrung. Auch ein Bernsteinmuseum mit wertvollen Ausstellungsstücken ist zu bewundern. Und weil es dort so idyllisch ist, kamen Künstler von der sog. “Brücke“ und siedelten sich an. Auch Thomas Mann hat sich hier ein Haus gebaut, genauer gesagt auf dem Hexenberg, das nach der jüngsten Renovierung jetzt wieder in herrlichem blau-weiß erstrahlt. Und da sind wir schon bei dem, wo wir hin wollten, bei den Hexen. Sie fliegen nicht auf Besen, es sind monumentale Eichenholzskulpturen, von modernen Künstlern geschaffen, mit riesigen Köpfen, schrecklichen Fratzen und echt furchteinflößenden Drohgebärden. In einem großen Waldpark sind sie aufgestellt, zusammen mit anderen Figuren von Teufeln und bösen Geistern. 

Horst zeigt uns diese Statuen und Kunstwerke in aller Vielfalt, Schärfe und Größe, beeindruckend und ausdrucksstark. Überhaupt ist der ganze Film abwechslungsreich und sauber geschnitten. Die Großaufnahmen begeistern, wie auch die Fernblicke über die einmalige Landschaft. Wie immer bei den Filmen aus dem Hause Jastrow teilen sich Mutter und Vater die Kommentare. Das ist ein durchaus positives Erkennungsmerkmal. Die Texte wirken dadurch lebendiger und abwechslunsreicher. Auch fiel uns diesmal auf, dass persönliche Empfindungen in die Schilderungen mit hineingeflossen sind, ganz besonders bei den Hexen. So haben wir, die wir noch nicht dort waren, wieder ein neues und interessantes Stückchen Erde kennen gelernt. Ein schöner Film ist es, der unseren Horizont erweiterte und uns auch auf diese Urlaubsreise der reisefreudigen Familie Jastrow mitnahm.



Bewertung: 3,807



Raimund Wildenhof