Filmbeschreibung


Freizeitbad Kelsterbach
von Roland Schmidt

Im Grunde genommen ist es ein zeitkritischer Film für Kelsterbach, und sicher werden etliche Leute in der Stadt nicht sehr glücklich sein, wenn sie diesen Film zu Gesicht bekommen. Es handelt sich um Glanz, Gloria und Abgesang eines Riesenprojekts der Stadt. Das Freizeitbad war wirklich eine einmalige Attraktion, nicht nur für die Einheimischen. Aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet kamen sie, um sich hier zu erholen und Spaß zu haben. Und dann nach 25 Jahren das Ende! War das wirklich nötig? Roland ist der Meinung: nein, und er spricht das auch ganz offen aus. Rechtfertigen angeblich marode Leitungen einen Totalabriß? Hätte man die Abrißkosten nicht besser für eine Sanierung verwenden können? Viele Fragen sind noch immer offen in Kelsterbach, auch wenn das neue Bad längst fertig ist.

Aber zurück zum Film. Er ist wirklich gut gemacht. Neidgefühle kommen bei Kelsterbacher Bürgern auf, wenn sie in der näheren Umgebung herrliche und toll besuchte Badeseen vorfinden, und unsere Stadt, die ja angeblich gar nicht so arm ist, bringt ein solches Projekt nicht zustande? Tatsächlich haben Stadtverwaltung und Stadtparlament diesem Querulieren eine Ende bereitet und ein Riesenprojekt beschlossen. Das Freizeitbad war ein solches und konnte sich wahrlich sehen lassen. Roland filmte den Baufortschritt von Anfang an bis zur bombastischen Einweihung im Jahre 1982. Für Insider ist es interessant, die damaligen Hauptakteure in fast jugendlicher Ausstrahlung zu erleben. Und dann zeigt uns Roland das Freizeitbad in seiner ganzen Vielfalt: mit dem Wellenbad, einer Riesenrutsche, großflächigen Liegewiesen, Kinderrutschen, Spielplätzen, dem integrierten Hallenbad, einem 5-Meter-Turm und einer Sauna mit einem guten Masseur. Das Bad war immer voll. An schönen Sonn- und Feiertagen kamen bis zu 5000 Besucher! Wir erleben diese Vielfalt in herrlichen Großaufnahmen und Einstellungen von erlebnishungrigen Badefans, Kindern und Erwachsenen. Das ist wirklich pulsierendes Leben. Und dann kommt die Ernüchterung. Das Ding muß weg, sagen die Verantwortlichen, und die Bürger schlucken es. Die Unterhaltskosten seien zu hoch. Die Abrissbagger kommen und machen alles zu riesigen Erdhaufen und Eisenschrott. Die Eindrücke für den Betrachter bleiben trist und erschütternd. So schnell kann eine Herrlichkeit vergehen, trauriges Ende einer Riesenanlage für eine ganze Region. In der lebhaften Diskussion danach wurde dem Autor vorgehalten, nicht auch noch ein paar Bilder vom Neuaufbau zu zeigen. Das gehöre doch einfach dazu. Sicher kann man auch diese Auffassung vertreten. Ich meine jedoch, Roland hat recht getan, ganz bewusst dieses hässliche Ende als solches bestehen zu lassen. Warum etwas Neues anfangen in diesem Film? Das Thema war ja: 25 Jahre – und nicht mehr und nicht weniger. Insofern ist dieser Film bei seinem Thema geblieben und zeigt sich als ein geschlossenes Ganzes: Erwartung – Erfüllung – trauriges Ende. Allem Jammer zum Trotz gibt es sicher auch einige, die sich über den Abriß und den Neuaufbau gefreut haben: die Baufirmen. 



Bewertung: 3,921



Raimund Wildenhof