Filmbeschreibung


Kappadokien
Ein Film von Dietmar Luttenberger
 
 


Unser Joungster ist flügge geworden und wird uns wohl bald davonfliegen, was die Qualität seiner Filme angeht! Auch der heutige Streifen über und in Kappadokien gehört in diese Kategorie. Er ist interessant aufgebaut, dabei logisch, informativ und überhaupt nicht langweilig.

Die Landschaft in der Mitte der Türkei ist sehenswert, ohne Zweifel. Und wer noch nicht dort war, sollte das schnellstmöglich nachholen! Aber sie kann natürlich auch wegen ihrer Größe und Ausdehnung mit der Zeit langweilig werden, weil man immer wieder mehr oder weniger das gleiche oder ähnliches sieht. Dietmar hat aus der Fülle der Eindrücke einen richtig abwechslungsreichen Film gemacht. Seine Objekte sind aus wechselnden Kamerastandpunkten festgehalten, ruhig und wohl dosiert in Totalen, Halbtotalen und Großaufnahmen, die Schnitte sauber und dynamisch. Zwischendurch sticht ihn auch mal der Hafer, so z.B. wenn er seinen bizarren Felsformationen Nikolausmützen aufsetzt - mit dem Hinweis, dass der bekannte Heilige dort in der Gegend seinen Bischofssitz hatte, oder wenn er in seinen Kommentaren kleine Seitenhiebe verteilt, die einen zum Schmunzeln anregen.

Den Einstieg in diesen Film erleben wir aus der Vogelperspektive während einer Ballonfahrt. Hier wird einem die Größe des Territoriums vor Augen geführt, gleichzeitig aber auch die Eintönigkeit der Landschaft mit ihren vielen Felsen und Gesteinsformationen, die von oben etwas flach aussehen. Wieder auf der Erde, bekommen dann diese interessanten Felsbilder ihre beeindruckenden Höhen und Ausmaße. Dann sieht man staunend, was die Natur im Laufe der Zeit so alles fertig gebracht hat: Gesteinsformen unterschiedlichster Art, die teilweise wie Tierskulpturen aussehen oder sog. Schornsteine mit Felsbrocken auf der Spitze, die erstaunlicherweise in den vielen Jahrtausenden noch nicht runtergefallen sind und Riesenfelsen, in die die Menschen unzählige Höhlen hineingeschlagen und zu Wohnungen, Klöstern und Kirchen ausgebaut haben.

In dieser Gegend geht es aber auch tief in die Erde hinein. In den Katakomben lebten viele Jahrhunderte lang Menschen in kleinen Wohnungen, hatten dort unten ihre Kirchen und Versammlungsräume und konnten über längere Zeit hinweg sich vor ihren Verfolgern verstecken. Bis zu 11 Stockwerke sind von den Archäologen bisher wieder ausgegraben worden, hörten wir. Und wie das mit der Belüftung und der Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln in diesem riesigen Labyrinth geklappt hat, ist immer noch ein großes, nicht vollständig gelöstes Rätsel. Wahrscheinlich gehen die Ursprünge dieser unterirdischen Gänge auf die Hethiter zurück, die um ca. 4000 v. Chr. dort lebten. Ausgebaut wurden sie auf jeden Fall erst später, so zwischen 600 und 1000 nach Chr., und zwar von den Christen, die sich dort teilweise vor ihren Feinden versteckten.

Neben antiken und gut erhaltenen bunten Fresken mit christlichen Motiven in den dortigen Felsenkirchen und Klöstern bekamen wir auch Kulturelles aus dem Islam zu sehen in Form von religiösen Tänzen der Derwische. Der Abschluß des Films gehört dann meines Erachtens eher in die Kategorie der oben erwähnten „Haferstecherei“: zwei nicht mehr ganz schlanke Damen proben den Bauchtanz, den wir wohl in einem neuen Streifen von Dietmar werden bewundern können. Bis das soweit ist, bleibt uns die Erinnerung an diesen interessanten Film mit den herrlichen Bildern und dem informativ und locker gesprochenen Kommentar. 



Bewertung: 4,220



Raimund Wildenhof