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Was bei
Fernseh- und Videointerviews

zu beachten ist!
von Gerhard Steiner

 
Die Interviewart, die wir als moderne Menschen am meisten zu sehen bekommen, ist das Fernsehinterview. Im Fernsehalltag haben wir es mit vielen, verschiedenen Varianten zu tun: Mit Nachrichteninterviews, mit Befragung eines Prominenten durch einen Fernsehjournalisten, mit Talkshows usw. . Fast alle der Kriterien, die wir beim "Investigativen Interview für Druckmedien" kennen gelernt haben, gelten auch für Fernseh- und Videointerviews. Welche Regeln hierbei sehr wichtig sind, und zusätzlich bzw. in Änderung zu beachten sind, das wurde nachfolgend zusammengestellt:

  1. Recherchieren und studieren Sie im voraus!
    • Wissen Sie vor dem Interview so viel wie möglich
      über die Person und den Gegenstand des Gesprächs,

    • sonst könnten Sie aussehen, als wären Sie
      ein schlecht informierter Ersatzmann,
      der nicht ernst zu nehmen ist.

    • sonst könnten Sie später herausfinden,
      dass Sie die wichtigsten Fragen nicht gestellt haben.


  2. Proben Sie das Interview nicht im voraus!
    • Gehen Sie mit der zu interviewenden Person
      auch nicht die Fragen im voraus durch.

    • Wenn eine Person gerade schon bei der Probe geantwortet hat,
      dann ist es ganz natürlich, wenn sie sich nicht wiederholen will.

    • Die besten und spontansten Antworten
      sind gewöhnlich beim ersten Versuch zu hören.


  3. Versuchen Sie, die zu interviewende Person
    sich so schnell wie möglich entspannen zu lassen.
    Ein Interview soll im Idealfall klingen
    wie ein entspanntes Gespräch unter Freunden !

    • Die meisten Menschen sind nervös und sehr angespannt,
      wenn Kamera und Mikrofon im Spiel sind.

    • Stellen Sie am Anfang einfache Fragen,
      damit das Gespräch in Gang kommt:

    • evtl. sogar über die Hobbies, die Kinder oder die tägliche Arbeit

    • sie können das später herausschneiden

    • Es sollte ein Gespräch und nicht eine Befragung werden!

    • Wenn das Interview live gesendet wird, geben Sie acht,

    • dass sich der Interviewte nicht in einem Monitor
      sehen kann. Das lenkt ihn u.U. sehr ab.
    • Wo immer das Interview stattfindet,
      versuchen Sie den Interviewten
      von den agierenden Technikern und der Kamera abzulenken.


  4. Hören Sie auf die Antworten des Interviewten
    • Manche Interviewer sind so angespannt und
      denken an die Formulierung ihrer nächsten Frage,
      dass sie nicht zuhören, was der Interviewte sagt.

    • Es könnte sein, dass Sie
      bei etwas Unerwartetem einhaken sollten,
      statt ihre nächste vorbereitete Frage zu stellen.

  5. Denken Sie in Kategorien von Tonstücken!
    • Stellen Sie Fragen, die persönliche Gefühle hervorrufen
      und nicht nur faktenreiche Antworten

    • Hervorgerufene emotionale Regungen sind mitunter
      aufschlußreicher als eine sachliche Antwort !

  6. Verbergen Sie Ihre Zustimmung oder Ablehnung!
    • Falls Sie das nicht tun, beeinflussen Sie ungewollt die Antworten

    • Zeigen Sie Interesse an dem, was die Person sagt, ohne zu nicken,
      die Stirn zu runzeln oder das Gesicht zu verziehen.

    • Wenn es für den Interviewten erkennbar ist,
      dass Sie mit einer Antwort nicht übereinstimmen, dann
      könnte der Befragte keine Antworten mehr geben
      oder sogar feindselig werden.

    • Einen Interviewten wegen seiner Antworten mit Ablehnung zu bestrafen,
      kann ganz schief gehen.

    • Einem fragwürdigen Inhalt zuzustimmen kann erhebliche Proteste
      bei den Zuschauern auslösen,


  7. Lassen Sie Befragte wissen,
    wenn sich ihre Antworten einstudiert anhören

    • wenn Antworten gestelzt und unnatürlich klingen

    • meistens werden sich die Befragten Mühe geben,
      etwas natürlicher und spontaner zu wirken


  8. Wenn Kleidung oder Schmuck des Interviewten
    die Wiedergabe im TV-Bild stören würden,
    dann sollten Sie vor Beginn der Produktion
    Ratschläge und Hilfestellung für Abhilfe geben.

    • evtl. kann ein Mitarbeiter aus dem Produktionsteam
      mit einem geeigneten Kleidungsstück aushelfen


  9. Sorgen Sie dafür, dass alle dem Zuschauer
    evtl. unbekannten Ausdrücke, Abkürzungen
    oder Konzepte erläutert werden .

    • Sie können den Interviewten sogar um eine Erläuterung bitten

    • oder selbst eine Erläuterung einschieben


  10. Stellen Sie an Schwerpunkten
    die gleichen Fragen mit verschiedenem Wortlaut

    • besonders wenn es Schlüsselfragen sind

    • Sie bekommen u.U. weitere Information

    • oder erhalten mehrere Varianten für den Schnitt


  11. Bei Tragödien versuchen Sie es mit Aussagen,
    die nicht als Fragen klingen.

    • bei einem Todesfall fragen Sie nicht,
      wie sich der Angehörige gerade fühlt !

    • Besser ist es, Sie sagen :
    • "Ich kann mir wahrscheinlich
      nicht richtig vorstellen, was Sie gerade durchmachen"
    • Das zeigt nicht nur Mitgefühl,
      sondern öffnet die Tür für einen weiten Bereich von Gesprächen


  12. Verwenden Sie Formulierungen des Interviewten,
    wenn er nicht antworten möchte.

    • Wenn er sagt,
    • "Ich kann darüber nicht sprechen"
      können Sie sagen: "Wann könnten Sie darüber sprechen?"
      oder "Warum können Sie darüber nicht sprechen?"

  13. Vermeiden Sie zweiteilige Fragen oder Doppelfragen !

    • Für den Befragten ist es schwer, sich an den zweiten Teil zu erinnern

    • Der Befragte wird sich die einfachst zu beantwortende Frage
      aussuchen und die andere unbeantwortet lassen.


  14. Während
  15. (im Sender oder im Studio) Filme laufen, die die Materie illustrieren,
    sollten Sie als Interviewer Ihrem Nachbarn keine Witze oder
    sarkastischen Bemerkungen zuflüstern.

    • Sie wissen nie, wie weit die Mikrofone noch offen sind,
      und deren Signale noch mitgesendet oder aufgezeichnet werden !

       
 

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